Bayern

Verwaltungsvereinbarungen über die katholische und die evangelische Seelsorge in den bayerischen Justizvollzugsanstalten, JMBl. 1982 S. 39

3122.2.5.3-J Verwaltungsvereinbarungen über die katholische und die evangelische Seelsorge in den bayerischen Justizvollzugsanstalten Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 17. Februar 1982 Az.: 2412 - VII a - 2831/77

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Zwischen

den Erzdiözesen München-Freising und Bamberg sowie den Diözesen Augsburg, Eichstätt, Passau, Regensburg und Würzburg, handelnd mit Zustimmung des Heiligen Stuhles und vertreten durch Seine Eminenz, den Hochwürdigsten Herrn Erzbischof Joseph Kardinal Ratzinger,

und

der Bayerischen Staatsregierung, vertreten durch den Herrn Bayerischen Staatsminister der Justiz Dr. Karl Hillermeier,

wird folgende Verwaltungsvereinbarung über die katholische Seelsorge in den bayerischen Justizvollzugsanstalten geschlossen:

§ 1

(1) Die vom Freistaat Bayern gem. Art. 11 des Bayerischen Konkordates eingerichtete Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten ist ein Teil der kirchlichen Seelsorge.

(2) Seelsorger in den Justizvollzugsanstalten werden im Einvernehmen mit den Diözesen im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet. Neben der Bestellung oder Verpflichtung durch den Staat ist die kirchenamtliche Sendung durch das zuständige Ordinariat erforderlich.

(3) Sie werden im Hauptamt bestellt, wenn die Zahl der Gefangenen gleichen Bekenntnisses in einer Justizvollzugsanstalt dies erfordert; im Übrigen werden sie vertraglich verpflichtet. § 157 Abs. 2 des Strafvollzugsgesetzes bleibt unberührt.

§ 2

(1) Die hauptamtlichen Anstaltsseelsorger werden durch das Staatsministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem zuständigen Ordinariat nach den Vorschriften des bayerischen Beamtenrechts zu Beamten ernannt oder nach den Bestimmungen des Tarifrechts durch Dienstvertrag angestellt. Entsprechendes gilt bei Versetzungen.

(2) Die nebenamtlichen Anstaltsseelsorger werden vom Anstaltsleiter im Einvernehmen mit dem zuständigen Ordinariat bestellt. Die Vergütung richtet sich nach der Bekanntmachung über die Bestellung und Entschädigung der Geistlichen bei den Justizvollzugsanstalten vom 21. November 1956 (BayBSVJu IV S. 185) in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Für die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten können vom Staatsministerium der Justiz im Einvernehmen mit den Diözesen auch andere kirchliche Mitarbeiter (z. B. Diakone) bestellt werden. § 157 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Wird ein Anstaltsseelsorger gemäß Art. 7 Satz 2 des Reichskonkordates durch den zuständigen Oberhirten abberufen, so sorgen Kirche und Staat für entsprechenden Ersatz.

§ 3

Für seine Vertretung sorgt der Anstaltsseelsorger im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter.

§ 4

Die hauptamtlichen Anstaltsseelsorger werden nach ihrer Bestellung kirchlich in ihr Amt eingeführt. Entsprechendes gilt bei einer Versetzung in eine andere Justizvollzugsanstalt. Auch die anderen Anstaltsseelsorger können in gleicher Weise eingeführt werden.

§ 5

(1) Die katholischen Anstaltsseelsorger bilden eine Konferenz. Sie wählen aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden. Zum Vorsitzenden kann nur ein Anstaltsseelsorger gewählt werden, der mindestens seit vier Jahren im Justizvollzugsdienst tätig ist. Die Amtszeit des Vorsitzenden beträgt drei Jahre; anschließende Wiederwahl ist zulässig.

(2) Die Konferenz dient vor allem der theologischen und beruflichen Fortbildung sowie dem Erfahrungsaustausch.

(3) Dem Vorsitzenden der Konferenz obliegt insbesondere die Vertretung der Mitglieder der Konferenz gegenüber kirchlichen und staatlichen Stellen, die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Vollzugs- und Kirchenbehörden, die Beratung des Staatsministeriums der Justiz in seelsorgerischen Angelegenheiten.

§ 6

(1) Der Anstaltsseelsorger erweist den seelsorgerischen Dienst grundsätzlich den Gefangenen seines Bekenntnisses. § 54 Abs. 2 des Strafvollzugsgesetzes bleibt unberührt. Der Dienst umfasst insbesondere die

1. Abhaltung von Gottesdiensten, 2. Abnahme der Beichte und Spendung der Sakramente, 3. Einzelseelsorge einschließlich Krankenseelsorge, 4. Gruppenseelsorge, 5. Abhaltung von Besuchen und Beteiligung an Ausführungen von Gefangenen in seelsorgerisch begründeten Fällen, 6. Mitwirkung bei der Behandlungsuntersuchung der Gefangenen, bei der Aufstellung, Durchführung und Änderung des Vollzugsplanes sowie bei der Freizeitgestaltung der Gefangenen, 7. Mitwirkung bei der sozialen Hilfe für Gefangene, 8. Teilnahme an Dienstbesprechungen und Konferenzen, 9. Mitwirkung bei der Aus- und Fortbildung der Vollzugsbediensteten.

(2) Der Anstaltsseelsorger ist verpflichtet, die für den Vollzug geltenden Vorschriften und Anordnungen zu beachten.

(3) Der Anstaltsseelsorger ist nicht verpflichtet, im Verfahren zur Aussetzung von Strafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung zur Bewährung sowie in Gnadenverfahren Stellungnahmen abzugeben, und den Schriftwechsel zu überwachen.

§ 7

(1) Die Aufsicht über die Anstaltsseelsorger in kirchlichen Angelegenheiten übt der zuständige Bischof aus. Die Kirche ist berechtigt, im Rahmen dieser Aufsicht im Benehmen mit dem Anstaltsleiter Visitationen in den Justizvollzugsanstalten durchzuführen.

(2) Die Dienstaufsicht des jeweiligen Anstaltsleiters und des Staatsministeriums der Justiz bleibt unberührt.

§ 8

Zweifels- oder Streitfragen sind zunächst zwischen dem Anstaltsleiter und dem Anstaltsseelsorger mit dem Ziel einer Klärung oder Einigung zu erörtern. Kommt eine Einigung nicht zustande, so kann ein Beteiligter die Angelegenheit dem Staatsministerium der Justiz vorlegen. Dieses entscheidet Konfliktfälle erforderlichenfalls nach Anhörung des zuständigen Ordinariats. Der Vorsitzende der Konferenz (§ 5) wird auf Verlangen eines Beteiligten gehört.

§ 9

(1) Die äußere Organisation der Anstaltsseelsorge (z. B. Gottesdiensträume, Diensträume, Schreibhilfen, sonstiges Hilfspersonal, Dienstschlüssel, Betreten der Hafträume, Teilnahme der Gefangenen am Gottesdienst usw.) wird im Einzelnen unter Berücksichtigung der bestehenden Vollzugsvorschriften und der örtlichen Verhältnisse vom Anstaltsleiter im Benehmen mit dem Anstaltsseelsorger geregelt.

(2) Den laufenden Kultbedarf trägt das Staatsministerium der Justiz.

§ 10

Dem hauptamtlichen Anstaltsseelsorger wird nach Maßgabe der für den öffentlichen Dienst geltenden Vorschriften die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und -konferenzen für Pfarrer sowie an anderen kirchlichen Veranstaltungen, die für seinen Dienst förderlich sind, ermöglicht.

Für die bayerischen Erzdiözesen und Diözesen Für die Bayerische Staatsregierung

München, den 12. Februar 1982

Joseph Kardinal Ratzinger, Erzbischof von München und Freising

Dr. Karl Hillermeier, Staatsminister der Justiz

BayStVollzG (Bayern) 24. Juli 2018

Art. 55 Seelsorge

(1) Den Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf ihren Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einem Seelsorger oder einer Seelsorgerin ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.

(2) Gefangene dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(3) Den Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.

Art. 56 Religiöse Veranstaltungen

(1) Gefangene haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.

(2) Zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft werden Gefangene zugelassen, wenn deren Seelsorger zustimmen.

(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; der Seelsorger oder die Seelsorgerin soll vorher gehört werden.

Art. 178 Seelsorge

(1) Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.

(2) Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Abs. 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen.

(3) Mit Zustimmung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin dürfen die Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelfer bedienen und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorger von außen zuziehen.

(4) Den Seelsorgern obliegt insbesondere die religiöse Betreuung der Gefangenen. Die Seelsorger wirken ferner mit bei der Behandlungsuntersuchung der Gefangenen, bei der Aufstellung, Durchführung und Änderung des Vollzugsplans, bei der Freizeitgestaltung der Gefangenen, bei der sozialen Hilfe für die Gefangenen und bei der Aus- und Fortbildung der Vollzugsbediensteten.