Vereinbarung zwischen dem Land Brandenburg und den (Erz-)Bistümern Berlin, Görlitz und Magdeburg über die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten
Artikel 1
(1) Die katholische Seelsorge bildet einen Teil der den Kirchen obliegenden allgemeinen Seelsorge.
(2) Die katholische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten wird durch Pfarrer, Diakone und andere kirchliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen - im folgenden Gefängnisseelsorger genannt - im Haupt- oder Nebenamt wahrgenommen.
(3) Die Freiheit der Verkündigung und das Beicht- und Seelsorgegeheimnis werden gewährleistet.
Artikel 2
(1) Die Gefängnisseelsorger stehen im Dienst der (Erz-)Bistümer Berlin, Görlitz und Magdeburg. Sie unterstehen der Dienst- und Disziplinaraufsicht der (Erz-)Bistümer.
(2) Sie sind verpflichtet, bei der Ausübung ihres Dienstes die sie betreffenden Bestimmungen über den Strafvollzug und die Untersuchungshaft zu beachten.
(3) Die Gefängnisseelsorger arbeiten in ihrem Dienst mit den Vollzugsbediensteten eigenverantwortlich zusammen. Sie haben das Recht auf Teilnahme an den Dienst- besprechungen und Vollzugskonferenzen. Sie sind bei allen kirchliche Veranstaltun- gen berührenden Maßnahmen der Anstaltsleitung vorher zu hören.
Artikel 3
(1) Zu den Rechten der Gefängnisseelsorger gehören die Inanspruchnahme aller Einrichtungen und die Veranlassung organisatorischer Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, ihre Aufgaben gemäß Artikel 4 zu erfüllen.
(2) Sie haben Arispruch auf die Bereitstellung von Räumen, die für die Ausübung des Dienstes notwendig sind (gottesdienstlicher Raum, Dienstzimmer und Mitbenutzung eines Gruppenraumes).
Die Planung, Einrichtung und Gestaltung von Gottesdiensträumen in Justiz- vollzugsanstalten erfolgt durch das Land im Einvernehmen mit den (Erz-)Bistümern.
(3) Ferner haben die Gefängnisseelsorger Anspruch auf
(4) Die Gefängnisseelsorger können im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter freiwilli- ge Helfer, unterstützende Gruppen sowie andere Seelsorger und Seelsorgehelfer für den Dienst in der Einrichtung hinzuziehen.
Artikel 4
Die Gefängnisseelsorger haben im Wesentlichen folgende Aufgaben:
Die Aufgaben und Rechte der Gefängnisseelsorger aus dieser Vereinbarung erstrecken sich auch auf Inhaftierte, die nicht der katholischen Kirche angehören, jedoch seelsorgerliche Betreuung durch einen katholischen Gefängnisseelsorger wünschen.
Artikel 5
(1) Die Gefängnisseelsorger werden von den (Erz-)Bistümern im Einvernehmen mit dem Ministerium der Justiz des Landes berufen. (2) Ergeben sich aus der Person oder der Tätigkeit eines Gefängnisseelsorgers Tatsachen, die schwerwiegende Bedenken gegen den weiteren Dienst begründen, und können diese nicht einvernehmlich zwischen Land, (Erz-)Bistum und dem Gefängnisseelsorger verändert werden, so kann das Land die Abberufung verlangen. Betroffene sind vor einer Entscheidung von dem (Erz-)Bistum und vom Ministerium der Justiz zu hören.
Artikel 6
(1) Urlaub und Dienstbefreiung der Gefängnisseelsorger richten sich nach den Vorschriften der (Erz-)Bistümer.
(2) Die Gefängnisseelsorger sind verpflichtet, ihren Dienst betreffende Weiter- bildungen wahrzunehmen. Sie haben das Recht, an kirchlichen Veranstaltungen, Kursen und Tagungen, die mit ihrem Dienst in Verbindung stehen, in angemessenem Umfang ohne Anrechnung auf ihren Erholungsurlaub teilzunehmen.
(3) Die Vertretung bei Abwesenheit und die Urlaubsvertretung regeln die Gefängnisseelsorger nach Abstimmung mit dem (Erz-)Bistum im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Die Krankheits- und Vakanzvertretung regelt das (Erz-)Bistum im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter.
Artikel 7
(1) Das Land erstattet den (Erz-)Bistümern bei hauptamtlichen Gefängnisseelsorgern die vollen, bei nebenamtlichen Gefängnisseelsorgern die anteiligen Personalkosten und den Sachkostenaufwand in Form einer Pauschale, die kostendeckend sein soll.
(2) Über die Zahl der einzurichtenden Stellen für Gefängnisseelsorger, den jeweiligen Beschäftigungsumfang und die Höhe der Pauschalerstattung wird eine gesonderte Vereinbarung geschlossen.
Artikel 8
(1) Die (Erz-)Bistümer sind berechtigt, Visitationen bezüglich der Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten durchzuführen.
(2) Die (Erz-)Bistümer bestellen einen der Seelsorger zum leitenden Gefängnisseelsorger. Ihm obliegt insbesondere die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Strafvollzugsbehörden und den (Erz-)Bistümern, die Beratung des Ministeriums der Justiz in seelsorgerlichen Angelegenheiten, die Betreuung und der Besuch aller Ge- fängnisseelsorger sowie die Durchführung von Visitationen gemäß Absatz 1.
(3) Das Ministerium der Justiz beruft im Einvernehmen mit dem leitenden Gefängnis- seelsorger einmal jährlich eine gemeinsame Konferenz der katholischen Gefängnis- seelsorger mit Vertretern der (Erz-)Bistümer und des Ministeriums der Justiz über Fragen der Anstaltsseelsorge und des Justizvollzuges ein.
Artikel 9
(1) Zweifels- und Streitfragen sind zunächst zwischen dem Anstaltsleiter und den Gefängnisseelsorgern mit dem Ziel einer Klärung oder Einigung zu erörtern.
(2) Die Gefängnisseelsorger haben in Zusammenarbeit mit dem leitenden Gefängnisseelsorger das Recht der Beschwerde beim Ministerium der Justiz, wenn Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung auftreten, die nicht anderweitig behoben werden können. Das Ministerium der Justiz wird das (Erz-)Bistum über diese Beschwerde alsbald unterrichten, wenn es sich nicht in der Lage sieht, der Beschwerde abzuhelfen.
(3) Das Ministerium der Justiz wird eine Beschwerde der Anstaltsleitung über die Tätigkeit eines Gefängnisseelsorgers alsbald an das zuständige (Erz-)Bistum weiterleiten, wenn es diese für begründet hält.
Das (Erz-)Bistum bemüht sich, Beschwerden im Gespräch mit den Gefängnisseelsorgern im Beisein eines Vertreters des Ministeriums der Justiz zu klären. Das Ergebnis wird in einem Protokoll festgehalten.
Artikel 10
Die Vertragschließenden werden sich bemühen, eine etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung einvernehmlich zu klären.
Artikel 11
(1) Diese Vereinbarung tritt mit Wirkung vom 1. März 2007 in Kraft.
(2) Die Vereinbarung gilt zunächst für die Dauer von fünf Jahren. Sie verlängert sich stillschweigend jeweils um weitere fünf Jahre, wenn sie nicht zwölf Monate vor Ablauf der Frist gekündigt wird.
Potsdam, den 12. März 2007
Für das Land Brandenburg
Beate Blechinger Ministerin der Justiz des Landes Brandenburg
Für das Erzbistum Berlin und im Auftrag des Bistums Magdeburg
Ronald Rother
Für das Bistum Görlitz
Prälat Zomack
Diözesanadministrator
Vereinbarung über die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten v. 2. November / 2. Dezember 1993; Quelle: Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), 1300 MdJ U 06.
Vereinbarung zur Ausführung der Vereinbarung über die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten vom 2. Dez.1993; Quelle: Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), 1300 MdJ U 07.
BbgJVollzG (Brandenburg) 10. Juli 2014
§ 81 Seelsorge
Den Gefangenen darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
§ 82 Religiöse Veranstaltungen
(1) Die Gefangenen haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses in der Anstalt teilzunehmen.
(2) Die Zulassung zu den Gottesdiensten oder religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung der Seelsorgerin oder des Seelsorgers der Religionsgemeinschaft.
(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder an anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung, bei Untersuchungsgefangenen auch zur Umsetzung einer Anordnung nach § 119 Absatz 1 der Strafprozessordnung geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.
§ 111 Anstaltsseelsorgerinnen, Anstaltsseelsorger
(1) Die Anstalt wird mit der für die religiöse Betreuung der Gefangenen erforderlichen Anzahl von Seelsorgerinnen oder Seelsorgern (Anstaltsseelsorgerinnen, Anstaltsseelsorger) ausgestattet. Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger werden von der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde berufen. Sie wirken in enger Zusammenarbeit mit den anderen im Vollzug Tätigen eigenverantwortlich an der Erreichung des Vollzugsziels mit.
(2) Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen.
(3) Mit Zustimmung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters darf die Anstaltsseelsorgerin oder der Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelferinnen und Seelsorgehelfer bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen zuziehen.