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 +==== Vereinbarung über die römisch-katholische Seelsorge und sonstige Aufgaben des Anstaltsseelsorgers an den Thüringer Justizvollzugsanstalten ====
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 +**Bekanntmachung des Justizministeriums vom 6. Oktober 1994 (4561-3/92)  JMB1. S. 170**
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 +Zwischen dem Freistaat Thüringen, vertreten durch den Thüringer Justizminister, und dem Bistum Erfurt sowie dem Bistum Dresden-Meißen, jeweils vertreten durch den Generalvikar und handelnd mit Zustimmung des Heiligen Stuhls (im folgenden Bistum genannt), wird folgende Vereinbarung über die katholische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalt des Freistaats Thüringen geschlossen:
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 +**Artikel 1**
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 +//(1)// Die römisch-katholische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten wird gewährleistet. Sie ist Bestandteil der der katholischen Kirche obliegenden allgemeinen Seelsorge. Zur katholischen Seelsorge in Justizvollzugsanstalten gehören insbesondere die Feier des Gottesdienstes, die Spendung der Sakramente, die Einzel- und Gruppenseelsorge.
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 +//(2)// Zu den Aufgaben des Anstaltsseelsorgers gehören darüber hinaus Zellenbesuche, die Unterweisung und sozialcaritatives Handeln einschließlich der Mitwirkung bei der sozialen Hilfe.
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 +//(3)// Diese Aufgaben werden durch Anstaltsseelsorger im Haupt- und Nebenamt (Anstaltsseelsorger) wahrgenommen. Als Anstaltsseelsorger werden Priester bestellt. Zu deren Unterstützung können Diakone. Gemeindereferenten/-innen und andere Mitarbeiter/-innen mit gleichwertiger theologischer und praktischer Ausbildung zur Ausübung der Seelsorge bestellt werden. Sie üben ihre Tätigkeit in Zusammenarbeit mit dem Anstaltsseelsorger aus. Die für die Anstaltsseelsorge geltenden Bestimmungen dieser Vereinbarung gelten entsprechend auch für die Mitarbeiter.
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 +**Artikel 2**
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 +//(1)// Der Anstaltsseelsorger steht im Dienst des Bistums. Er steht zum Freistaat Thüringen in einem durch diesen Vertrag festgelegten Rechtsverhältnis. Die für ihn geltenden kirchenrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt.
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 +//(2)// Er untersteht der Dienstaufsicht des Bischofs. Er ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Dienstes die ihn betreffenden Bestimmungen über den Strafvollzug und über die Untersuchungshaft zu beachten.
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 +//(3)// Der Anstaltsseelsorger gehört im Rahmen seines Amtes zu den maßgeblich an der Behandlung der Gefangenen im Vollzug Beteiligten. Er hat für die Dauer seiner Tätigkeit innerhalb der Vollzugsanstalt die gleichen Rechte wie die Vollzugsbediensteten, u.a. das Recht auf Teilnahme an den Dienstbesprechungen und allgemeinen Beamten-Konferenzen. Der Anstaltsseelsorger hat das Recht, bei der Durchführung des Vollzugsplanes und der Freizeitgestaltung mitzuwirken. Er ist bei allen mit den kirchlichen Veranstaltungen kollidierenden Maßnahmen der Anstaltsleitung vorher zu hören.
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 +**Artikel 3**
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 +//(1)// Zu den Rechten des Anstaltsseelsorgers gehören die Inanspruchnahme aller Einrichtungen und die Veranlassung organisatorischer Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, seine Aufgaben gemäß Artikel 1 Abs. 1 und 2 zu erfüllen. Er hat u.a. Anspruch auf die Bereitstellung der für die Ausübung des Dienstes notwendigen Räume (geeigneter gottesdienstlicher Raum und Amtszimmer). Die Planung, Gestaltung und Einrichtung von Gottesdiensträumen in einer Justizvollzugsanstalt erfolgt durch den Freistaat im Einvernehmen mit dem Bistum, soweit Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.
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 +//(2)// Der Anstaltsseelsorger kann mit Zustimmung des Anstaltsleiters freiwillige Helfer, unterstützende Gruppen sowie Seelsorger und Seelsorgehelferinnen und -helfer von außen hinzuziehen.
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 +//(3)// Der Anstaltsseelsorger soll auch zur Seelsorge an den Bediensteten im Justizvollzug bereit sein.
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 +//(4)// Rechte, Pflichten und Aufgaben des Anstaltsseelsorgers sowie die von den Vollzugsbehörden zu schaffenden organisatorischen Voraussetzungen für die Ausübung der Anstaltsseelsorge bestimmen sich im übrigen nach einer Dienstordnung, die der Thüringer Justizminister im Einvernehmen mit dem Bistum erläßt.
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 +**Artikel 4**
 +//(1)// Der hauptamtliche Anstaltsseelsorger wird vom Bistum im Benehmen mit dem Thüringer Justizminister berufen.
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 +//(2)// Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit.
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 +//(3)// Der Betreffende gilt als Anstaltsseelsorger bis auf weiteres zur Verfügung gestellt, sofern nicht der Thüringer Justizminister vor Ablauf der Probezeit seine Abberufung binnen Monatsfrist vom Bistum schriftlich verlangt oder dieses den Anstaltsseelsorger seinerseits abberuft.
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 +//(4)// Das Bistum kann einen hauptamtlichen Anstaltsseelsorger abberufen oder versetzen. Vor der Abberufung oder Versetzung holt es eine Stellungnahme des Thüringer Justizministers ein. Der Anstaltsseelsorger ist vor einer Entscheidung des Bistums zu hören.
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 +//(5)// Im Falle einer Vakanz soll das Amt des Anstaltsseelsorgers möglichst binnen drei Monaten neu besetzt werden.
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 +//(6)// In Fällen schwerwiegender Gefährdung der Sicherheit kann der Thüringer Justizminister dem Anstaltsseelsorger jede weitere Tätigkeit in der Anstalt einstweilen bis zur nötigen Klärung der Angelegenheit untersagen. Er ist verpflichtet, das Bistum unverzüglich umfassend über die Gründe zu informieren. Erscheint es nicht möglich, dem Anstaltsseelsorger die Ausübung des Dienstes wieder zu gestatten, stellt der Thüringer Justizminister - innerhalb einer angemessenen Frist, längstens jedoch nach 6 Monaten - den Antrag auf Versetzung.
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 +**Artikel 5**
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 +//(1)// Der hauptamtliche Anstaltsseelsorger hat Anspruch auf Urlaub und Dienstbefreiung nach den geltenden kirchlichen Vorschriften.
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 +//(2)// Der Anstaltsseelsorger hat darüber hinaus das Recht, an Exerzitien und anderen Veranstaltungen, die für seinen Dienst förderlich sind, entsprechend den für kirchliche Mitarbeiter geltenden Vorschriften ohne Anrechnung auf seinen Urlaub teilzunehmen.
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 +//(3)// Die Urlaubsvertretung regelt der Anstaltsseelsorger nach Abstimmung mit dem Bistum im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter; die Krankheitsvertretung regelt das Bistum im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter.
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 +**Artikel 6**
 +//(1)// Der Freistaat erstattet dem Bistum für die Dauer der Tätigkeit des Anstaltsseelsorgers die ihm nach den kirchlichen Bestimmungen zustehende Vergütung. Der Erstattungsbetrag ist monatlich im voraus an die vom Bistum benannte Kasse zu zahlen.
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 +//(2)// Der Freistaat erstattet dem Bistum für den hauptamtlichen Anstaltsseelsorger Beihilfen, Reise- und Umzugskosten, Trennungsgeld und Unfallfürsorge nach den für den vergleichbaren Landesbeamten geltenden Vorschriften.
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 +//(3)// Das Bistum verpflichtet sich, etwaige Schadensersatzansprüche gegen Dritte geltend zu machen und dem Freistaat die nach dieser Vereinbarung gewährten Leistungen zu erstatten, soweit hierfür Ersatz verlangt wird.
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 +**Artikel 7**
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 +//(1)// Für den vom Bistum berufenen Anstaltsseelsorger trägt das Bistum die Versorgungslast.
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 +//(2)// Der Freistaat beteiligt sich anteilig an der Versorgungslast des Bistums, wenn der Anstaltsseelsorger länger als ein Jahr ohne eine von ihm oder vom Bistum zu vertretende Unterbrechung dem Freistaat zur Verfügung gestellt ist, und zwar vom Tage des Dienstantritts an. Die Beteiligung an der Versorgungslast erfolgt durch die Zahlung einer Pauschalsumme in Höhe von 25 v. H. der gemäß Artikel 6 zu erstattenden Dienstbezüge.
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 +**Artikel 8**
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 +//(1)// Für den Anstaltsseelsorger im Nebenamt schließt das Bistum mit dem Thüringer Justizminister einen Vertrag über die Ausübung der Seelsorge ab. Auf ihn finden die Vorschriften dieses Vertrages außer Artikel 5 bis 7 entsprechende Anwendung.
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 +//(2)// Die Entschädigung für den Anstaltsseelsorger im Nebenamt wird besonders geregelt.
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 +**Artikel 9**
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 +Das Bistum ist berechtigt, Visitationen bezüglich der Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten durchzuführen. Bei Besichtigung von Anstaltseinrichtungen wird das Justizministerium rechtzeitig unterrichtet und kann einen Vertreter zur Teilnahme entsenden.
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 +**Artikel 10**
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 +Der Thüringer Justizminister lädt jährlich einmal zu einer gemeinsamen Konferenz der Anstaltsseelsorger zusammen mit Vertretern der Kirchen über Fragen der Anstaltsseelsorge und des Justizvollzuges ein.
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 +**Artikel 11**
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 +//(1)// Die Anstaltsseelsorger haben das Recht, auf dem Dienstweg über das Bistum beim Thüringer Justizminister Beschwerde zu führen, wenn Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung auftreten, die nicht anderweitig behoben werden können.
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 +//(2)// Der Thüringer Justizminister verpflichtet sich, das Bistum vor einer Entscheidung über die Beschwerde zu hören.
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 +**Artikel 12**
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 +//(1)// Der Thüringer Justizminister wird Beschwerden der Anstaltsleitung über die Tätigkeit eines Anstaltsseelsorgers unverzüglich an das Bistum weiterleiten.
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 +//(2)// Das Bistum bemüht sich, solche Beschwerden im Gespräch mit dem Anstaltsseelsorger im Beisein eines Vertreters des Justizministeriums zu klären. Das Ergebnis ist in einem Protokoll festzuhalten.
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 +//(3)// Wird bei diesem Gespräch keine Einigung erzielt und ist eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den in der Anstalt Tätigen und dem Anstaltsseelsorger nicht mehr gegeben, gilt Artikel 4 Absatz 6 entsprechend.
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 +**Artikel 13**
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 +Die Vertragschließenden werden sich bemühen, eine etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung einvernehmlich zu beseitigen.
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 ====Vereinbarung zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Bistum Erfurt sowie dem Bistum Dresden-Meißen vom 06.10.1994 über die katholische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten des Freistaates Thüringen==== ====Vereinbarung zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Bistum Erfurt sowie dem Bistum Dresden-Meißen vom 06.10.1994 über die katholische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten des Freistaates Thüringen====
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