Inhaltsverzeichnis
Kirchliche Normen
Universalkirchenrecht
Konkrete Bestimmungen über die Gefängnisseelsorge enthält das Gesetzbuch der katholischen Kirche von 1983 (CIC) kaum. Hier sind die allgemeinen Regeln für die Sonderseelsorge anzuwenden. Dabei ist zu beachten, dass der hier verwendete Begriff Kaplan (capellanus) nicht mit dem im Volksmund geläufigen Kaplansbegriff (= Hilfspriester) zu verwechseln ist, sondern dass es sich dabei um einen Sonderseelsorger (Priester) handelt, der mit den gleichen Rechten und Pflichten ausgestattet wird, wie sie einem Pfarrer in der Territorialseelsorge zukommen.
Can. 564 — Kaplan ist ein Priester, dem auf Dauer die Seelsorge für irgendeine Gemeinschaft oder für einen besonderen Kreis von Gläubigen wenigstens zum Teil anvertraut wird, die er nach Maßgabe des allgemeinen und des partikularen Rechts wahrzunehmen hat.
Can. 565 — Wenn nicht im Recht etwas anderes vorgesehen ist oder jemandem besondere Rechte rechtmäßig zukommen, wird der Kaplan vom Ortsordinarius ernannt, dem es auch zusteht, einen Vorgeschlagenen einzusetzen oder einen Gewählten zu bestätigen.
Can. 566 — § 1. Es ist notwendig, dass der Kaplan mit allen Befugnissen ausgestattet ist, die eine ordnungsgemäße Seelsorge erfordert. Außer dem, was durch das Partikularrecht oder durch besondere Delegation zugestanden wird, hat der Kaplan kraft Amtes die Befugnis, die Beichte der seiner Sorge anvertrauten Gläubigen zu hören, ihnen das Wort Gottes zu verkündigen, die Wegzehrung und die Krankensalbung zu spenden und denen das Sakrament der Firmung zu erteilen, die sich in Todesgefahr befinden.
§ 2. In Krankenhäusern, Gefängnissen und auf Seereisen hat der Kaplan außerdem die nur an diesen Orten auszuübende Befugnis, von Beugestrafen, die als Tatstrafen nicht vorbehalten und nicht festgestellt sind, zu absolvieren, jedoch unbeschadet der Vorschrift des can. 976.
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Vereinbarung über den Dienst der katholischen Anstaltsseelsorge in den Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten des Landes Rheinland Pfalz - 1996 aus: KABl Trier 140. Jg. 1996, Nr. 67
Zwischen der Erzdiözese Köln und den Diözesen Limburg, Mainz, Speyer und Trier, handelnd mit Zustimmung des Heiligen Stuhls, – nachfolgend jeweils Kirche genannt – und dem Lande Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Minister der Justiz, – nachfolgend Land genannt – wird für den Dienst der katholischen Anstaltsseelsorge in den Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten des Landes Rheinland-Pfalz folgendes vereinbart:
Artikel 1
(1) Die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten, den Jugendstrafanstalten und der Jugendarrestanstalt des Landes bildet einen Teil der der Kirche obliegenden allgemeinen Seelsorge. Sie wird von Anstaltsseelsorgern ausgeübt. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge mit gleichwertiger theologischer und pastoraler Ausbildung gilt Vereinbarung entsprechend.
(2) Auf Vorschlag der Kirche, in deren Zuständigkeitsbereich die Anstalt liegt, werden die Anstaltsseelsorger durch einen zwischen dem Land und der Kirche abgeschlossenen Gestellungsvertrag (Anlage) in der Regel für die Dauer von sechs Jahren bestellt.
(3) Die Anstaltsseelsorger stehen im Dienst der Kirche und unterliegen deren Dienstaufsicht. Im Rahmen dieser Aufsicht ist die Kirche berechtigt, Visitationen entsprechend ihrer Visitationsordnung vorzunehmen.
Artikel 2
Die Anstaltsseelsorger sind zu verpflichten, bei der Ausübung ihres Dienstes die Bestimmungen über den Justizvollzug, den Jugendstrafvollzug, den Jugendarrestvollzug, die Untersuchungshaft und die hierauf beruhenden Anordnungen der Anstaltsleitung zu beachten.
Artikel 3
(1) Die Anstaltsseelsorge umfaßt insbesondere folgende Aufgaben:
1.a) regelmäßige Feier von Gottesdiensten, insbesondere an Sonn- und Feiertagen,
b) Feier der Sakramente,
c) Vornahme von Kasualien;
2.a) Einzelseelsorge einschließlich der Besuche im Haftraum und Aussprache mit den Gefangenen,
b) Krankenseelsorge,
c) Kontaktaufnahme mit Angehörigen und den Kirchengemeinden der Gefangenen;
3.a) religiöse Unterweisung und sonstige Hilfen zur Persönlichkeitsbildung,
b) Durchführung von religiösen Gesprächskreisen und Veranstaltungen zur Gruppenseelsorge;
4.Caritativ-diakonisches Handeln unter Beachtung der sich aus dem Strafvollzug ergebenden Einschränkungen;
5. Durchführung und Überwachung von Besuchen aus besonderem seelsorgerischem Anlaß, soweit nicht die Anstaltsleitung aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung widerspricht;
6.Mitwirkung bei der sozialen Hilfe für Gefangene und deren Angehörige;
7.Teilnahme an Dienstbesprechungen und Beteiligung an der Erstellung und Durchführung des Vollzugsplanes oder des Erziehungsplanes;
8.Seelsorge an Bediensteten der Anstalt;
9.Mitwirkung bei der Aus- und Fortbildung der Bediensteten der Anstalt;
10. Beratung bei der Anschaffung von Medien für die Gefangenenbücherei und Mitwirkung bei der Anschaffung religiöser Bücher, Schriften und anderer Medien;
11.Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit in Gesellschaft und Kirche.
(2) Äußerungen in Gnadensachen und in Verfahren nach den §§ 57, 57a und 57b StGB, § 454 StPO oder § 88 JGG können die Anstaltsseelsorger in Einzelfällen ablehnen.
Artikel 4
(1) Für die Anstaltsseelsorge (Artikel 3) gelten die Gottesdienstordnungen, Ordnungen und Bestimmungen der Kirche.
(2) Die Anstalt schafft die zur Dienstausübung der Anstaltsseelsorge nötigen organisatorischen Voraussetzungen. Dazu gehören im Rahmen der geltenden Bestimmungen und gegebenen Möglichkeiten:
1.Mitteilung der Personalien der zu- und abgehenden Gefangenen und Gewährung der Einsicht in Personalakten der Gefangenen ihres Bekenntnisses sowie anderer Gefangener mit deren Zustimmung;
2.Zugang zu den Gefangenen;
3.Bereitstellung eines geeigneten Dienstzimmers;
4.Ermöglichung von Seelsorgegesprächen mit Gefangenen im Dienstzimmer;
5.unverzügliche Information über besondere Vorkommnisse, insbesondere Erkrankungen, Suizidversuche, Todesfälle;
6.Berücksichtigung der Gottesdienste und anderer religiöser Veranstaltungen der Anstaltsseelsorge im Veranstaltungsprogramm der Anstalt,
7.Zuteilung geeigneter Räume für die Veranstaltung der Anstaltsseelsorge;
8.ungehinderte Führung telefonischer Dienstgespräche;
9.Erledigung der Schreib- und Verwaltungsarbeit der Anstaltsseelsorge durch die Verwaltung;
10.Zuweisung von Gefangenen zu Hilfstätigkeiten;
11.Bereitstellung von Mitteln zur Deckung des angemessenen Sachbedarfs.
(3) Bei der Planung, Gestaltung und Einrichtung von Gottesdiensträumen in der Anstalt ist die Kirche zu hören.
Artikel 5
Das Beicht- und Seelsorgegeheimnis ist zu achten.
Artikel 6
(1) Probleme bei ihrer Arbeit sollen die Anstaltsseelsorger in Gesprächen mit der Anstaltsleitung zu lösen versuchen.
(2) Beschwerden über Anstaltsseelsorger werden über das Ministerium der Justiz der Kirche mitgeteilt. Beschwerden der Anstaltsseelsorger, die den Zuständigkeitsbereich des Landes betreffen, legt die Kirche dem Ministerium der Justiz vor, wenn sie es für erforderlich hält. Das Ministerium der Justiz und die Kirche bemühen sich um eine einvernehmliche Lösung.
Artikel 7
Anstaltsseelsorgern, die Vorschriften zur Sicherheit und Ordnung der Anstalt in einem Maße verletzt haben, das die fristlose Kündigung des Gestellungsvertrages nahelegt, kann die Anstaltsleitung im Benehmen mit dem Ministerium der Justiz mit sofortiger Wirkung einstweilen das Betreten der Anstalt untersagen. Das Ministerium der Justiz benachrichtigt unverzüglich die Kirche, um – unbeschadet des Rechts auf fristlose Kündigung – die Angelegenheit einvernehmlich zu regeln.
Artikel 8
Die Vertragschließenden veranstalten in der Regel einmal jährlich gemeinsam mit Vertreterinnen oder Vertretern der Evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau, der Pfalz und im Rheinland für alle Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger eine Konferenz zu Fragen der Anstaltsseelsorge und des Justizvollzuges. Zur Teilnahme an Konferenzen und Fortbildungsveranstaltungen, die der Anstaltsseelsorge dienen, wird Dienstbefreiung erteilt.
Artikel 9
Die Vertretung in der Anstaltsseelsorge in Urlaubs-, Krankheits- und anderen Verhinderungsfällen regelt die Kirche mit der Anstaltsleitung
Artikel 10
Allgemeine Regelungen, die in der Kirche für alle Seelsorger gelten, sind auch für die Anstaltsseelsorger entsprechend anzuwenden.
Artikel 11
Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen.
Artikel 12
(1) Diese Vereinbarung tritt am 1. März 1996 in Kraft.
(2) Die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Gestellungsverträge gelten fort. Alle weiteren Vereinbarungen zwischen der Kirche und Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten über die Seelsorge in einzelnen Anstalten treten außer Kraft.
Zu Urkund dessen ist diese Vereinbarung in siebenfacher Urschrift unterzeichnet worden. Köln, den 18. Dezember 1995 Für das Erzbistum Köln † Joachim Card. Meisner (Siegel)
Limburg, den 20. Dezember 1995 Für das Bistum Limburg † Franz Kamphaus
Speyer, den 22. Dezember 1995 Für das Bistum Speyer † Anton Schlembach
Trier, den 23. Dezember 1995 Für das Bistum Trier † Hermann Josef Spital
Mainz, den 8. Januar 1996 Für das Bistum Mainz † Karl Lehmann
Der Minister der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz Peter Caesar
Vereinbarung über die katholische Seelsorge an den saarländischen Justizvollzugsanstalten zwischen dem Saarland, dem Bistum Speyer sowie dem Bistum Trier - 1982
Dienstordnung für die katholischen Anstaltspfarrer in den Justizvollzugsanstalten des Saarlandes - 1982