Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


rheinland-pfalz

Dies ist eine alte Version des Dokuments!


Rheinland-Pfalz

Vereinbarung über den Dienst der katholischen Anstaltsseelsorge in den Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten des Landes Rheinland Pfalz - 1996, aus: KABl Trier 140. Jg. 1996, Nr. 67. KABl Trier

LJVollzG (Rheinland-Pfalz) 03.09.2018

§ 79 Seelsorge Den Gefangenen darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger in Verbindung zu treten.

§ 80 Religiöse Veranstaltungen

(1) Die Gefangenen haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.

(2) Die Zulassung zu den Gottesdiensten oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung der Seelsorgerin oder des Seelsorgers der Religionsgemeinschaft.

(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder an anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung, bei Untersuchungsgefangenen auch zur Umsetzung einer Anordnung nach § 119 Abs. 1 StPO geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.

§ 108 Seelsorgerinnen und Seelsorger

(1) Seelsorgerinnen und Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.

(2) Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen.

(3) Mit Zustimmung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters darf die Seelsorgerin oder der Seelsorger sich freier Seelsorgehelferinnen und Seelsorgehelfer bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen zuziehen.

(4) Die religiöse Betreuung von Gefangenen stellt eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 5 des Landessicherheitsüberprüfungsgesetzes vom 8. März 2000 (GVBl. S. 70, BS 12-3) in der jeweils geltenden Fassung dar. Das Landessicherheitsüberprüfungsgesetz ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine einfache Sicherheitsüberprüfung nach dessen § 10 durchzuführen ist. Einer Sicherheitsüberprüfung nach Satz 2 bedarf es in der Regel nicht, wenn die religiöse Betreuung durch eine Person erfolgen soll, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgebildet worden ist und innerhalb der letzten fünf Jahre ihren Aufenthalt oder Wohnsitz nicht länger als ein Jahr außerhalb des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaates der Europäischen Union hatte.


Vereinbarung über den Dienst der katholischen Anstaltsseelsorge in den Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten des Landes Rheinland-Pfalz

Zwischen der Erzdiözese Köln und den Diözesen Limburg, Mainz, Speyer und Trier, handelnd mit Zustimmung des Heiligen Stuhls, – nachfolgend jeweils Kirche genannt – und dem Lande Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Minister der Justiz – nachfolgend Land genannt – wird für den Dienst der katholischen Anstaltsseelsorge in den Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten des Landes Rheinland-Pfalz folgendes vereinbart:

Artikel 1

(1) Die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten, den Jugendstrafanstalten und der Jugendarrestanstalt des Landes bildet einen Teil der der Kirche obliegenden allgemeinen Seelsorge. Sie wird von Anstaltsseelsorgern ausgeübt. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge mit gleichwertiger theologischer und pastoraler Ausbildung gilt diese Vereinbarung entsprechend.

(2) Auf Vorschlag der Kirche, in deren Zuständigkeitsbereich die Anstalt liegt, werden die Anstaltsseelsorger durch einen zwischen dem Land und der Kirche abgeschlossenen Gestellungsvertrag (Anlage) in der Regel für die Dauer von sechs Jahren bestellt.

(3) Die Anstaltsseelsorger stehen im Dienst der Kirche und unterliegen deren Dienstaufsicht. Im Rahmen dieser Aufsicht ist die Kirche berechtigt, Visitationen entsprechend ihrer Visitationsordnung vorzunehmen.

Artikel 2

Die Anstaltsseelsorger sind zu verpflichten, bei der Ausübung ihres Dienstes die Bestimmungen über den Justizvollzug, den Jugendstrafvollzug, den Jugendarrestvollzug, die Untersuchungshaft und die hierauf beruhen den Anordnungen der Anstaltsleitung zu beachten.

Artikel 3

(1) Die Anstaltsseelsorge umfaßt insbesondere folgende Aufgaben:

1.

  • a) regelmäßige Feier von Gottesdiensten, insbesondere an Sonn- und Feiertagen,
  • b) Feier der Sakramente,
  • c) Vornahme der Kasualien;

2.

  • a) Einzelseelsorge einschließlich der Besuche im Haftraum und Aussprache mit den Gefangenen,
  • b) Krankenseelsorge,
  • c) Kontaktaufnahme mit Angehörigen und den Kirchengemeinden der Gefangenen;

3.

  • a) religiöse Unterweisung und sonstige Hilfen zur Persönlichkeitsbildung,
  • b) Durchführung von religiösen Gesprächskreisen und Veranstaltungen zur Gruppenseelsorge;

4. Karitativ-diakonisches Handeln unter Beachtung der sich aus dem Strafvollzug ergebenden Einschränkungen;

5. Durchführung und Überwachung von Besuchen aus besonderem seelsorgerischem Anlaß, soweit nicht die Anstaltsleitung aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung widerspricht;

6. Mitwirkung bei der sozialen Hilfe für Gefangene und deren An gehörige;

7. Teilnahme an Dienstbesprechungen und Beteiligung an der Erstellung und Durchführung des Vollzugsplanes oder des Erziehungsplanes;

8. Seelsorge an Bediensteten der Anstalt;

9. Mitwirkung bei der Aus- und Fortbildung der Bediensteten der Anstalt;

10. Beratung bei der Anschaffung von Medien für die Gefangenenbücherei und Mitwirkung bei der Anschaffung religiöser Bücher, Schriften und anderer Medien;

11. Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit in Gesellschaft und Kirche.

(2) Äußerungen in Gnadensachen und in Verfahren nach den §§ 57, 57 a und 57 b StGB, § 454 StPO oder § 88 JGG können die Anstaltsseelsorger in Einzelfällen ablehnen.

Artikel 4

(1) Für die Anstaltsseelsorge (Artikel 3) gelten die Gottesdienstordnungen, Ordnungen und Bestimmungen der Kirche.

(2) Die Anstalt schafft die zur Dienstausübung der Anstaltsseelsorge nötigen organisatorischen Voraussetzungen. Dazu gehören im Rahmen der geltenden Bestimmungen und gegebenen Möglichkeiten:

  1. Mitteilung der Personalien der zu- und abgehenden Gefangenen und Gewährung der Einsicht in Personalakten der Gefangenen ihres Bekenntnisses sowie anderer Gefangener mit deren Zustimmung;
  2. Zugang zu den Gefangenen;
  3. Bereitstellung eines geeigneten Dienstzimmers;
  4. Ermöglichung von Seelsorgegesprächen mit Gefangenen im Dienstzimmer;
  5. unverzügliche Information über besondere Vorkommnisse; insbesondere Erkrankungen, Suizidversuche, Todesfälle;
  6. Berücksichtigung der Gottesdienste und anderer religiöser Veranstaltungen der Anstaltsseelsorge im Veranstaltungsprogramm der Anstalt; Zuteilung geeigneter Räume für die Veranstaltung der Anstaltsseelsorge;
  7. ungehinderte Führung telefonischer Dienstgespräche;
  8. Erledigung der Schreib- und Verwaltungsarbeit der Anstaltsseelsorge durch die Verwaltung;
  9. Zuweisung von Gefangenen zu Hilfstätigkeiten;
  10. Bereitstellung von Mitteln zur Deckung des angemessenen Sachbedarfs.

(3) Bei der Planung, Gestaltung und Einrichtung von Gottesdiensträumen in der Anstalt ist die Kirche zu hören.

Artikel 5

Das Beicht- und Seelsorgegeheimnis ist zu achten.

Artikel 6

(1) Probleme bei ihrer Arbeit sollen die Anstaltsseelsorger in Gesprächen mit der Anstaltsleitung zu lösen versuchen.

(2) Beschwerden über Anstaltsseelsorger werden über das Ministerium der Justiz der Kirche mitgeteilt. Beschwerden der Anstaltsseelsorger, die den Zuständigkeitsbereich des Landes betreffen, legt die Kirche dem Ministerium der Justiz vor, wenn sie es für erforderlich hält. Das Ministerium der Justiz und die Kirche bemühen sich um eine einvernehmliche Lösung.

Artikel 7

Anstaltsseelsorgern, die Vorschriften zur Sicherheit und Ordnung der Anstalt in einem Maße verletzt haben, das die fristlose Kündigung des Gestellungsvertrages nahelegt, kann die Anstaltsleitung im Benehmen mit dem Ministerium der Justiz mit sofortiger Wirkung einstweilen das Betreten untersagen. Das Ministerium der Justiz benachrichtigt unverzüglich die Kirche, um – unbeschadet des Rechts auf fristlose Kündigung – die Angelegenheit einvernehmlich zu regeln.

Artikel 8

Die Vertragschließenden veranstalten in der Regel einmal jährlich gemeinsam mit Vertreterinnen oder Vertretern der Evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau, der Pfalz und im Rheinland für alle Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger eine Konferenz zu Fragen der Anstaltsseelsorge und des Justizvollzuges. Zur Teilnahme an Konferenzen und Fortbildungsveranstaltungen, die der Anstaltsseelsorge dienen, wird Dienstbefreiung erteilt.

Artikel 9

Die Vertretung in der Anstaltsseelsorge in Urlaubs-, Krankheits- und anderen Verhinderungsfällen regelt die Kirche mit der Anstaltsleitung.

Artikel 10 Allgemeine Regelungen, die in der Kirche für alle Seelsorger gelten, sind auch für die Anstaltsseelsorger entsprechend anzuwenden.

Artikel 11

Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen.

Artikel 12

(1) Diese Vereinbarung tritt am 1. März 1996 in Kraft.

(2) Die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Gestellungsverträge gelten fort. Alle weiteren Vereinbarungen zwischen der Kirche und Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten über die Seelsorge in einzelnen Anstalten treten außer Kraft. Zu Urkund dessen ist diese Vereinbarung in siebenfacher Urschrift unter zeichnet worden.

rheinland-pfalz.1756716826.txt.gz · Zuletzt geändert: 2025/09/01 08:53 von bjohan02