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Inhaltsverzeichnis
Thüringen
Thüringer Justizvollzugsdatenschutzgesetz (ThürJVollzDSG)*)**)Vom 16. November 2023***) GVBl. 2023, 291.
Siebter Abschnitt
Besondere Bestimmungen für Berufsgeheimnisträgerinnen und Berufsgeheimnisträger
§ 46 Berufsgeheimnisträgerinnen und Berufsgeheimnisträger
(1) Die im Justizvollzug tätigen oder außerhalb des Justizvollzugs mit der Untersuchung, Behandlung oder Beratung von Gefangenen beauftragten
[…]
4. Seelsorgerinnen und Seelsorger,
[…]
unterliegen hinsichtlich der ihnen in der ausgeübten Funktion von Gefangenen anvertrauten oder sonst über Gefangene bekannt gewordenen Geheimnisse untereinander sowie gegenüber der Anstalt und dem für die Organisation und Verwaltung des Justizvollzugs zuständigen Ministerium der Schweigepflicht, soweit nichts anderes bestimmt ist. Dies gilt entsprechend für ihre berufsmäßig tätigen Gehilfinnen und Gehilfen und die Personen, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind, nicht aber gegenüber der Berufsgeheimnisträgerin oder dem Berufsgeheimnisträger. (2) Die Anstalt weist externe Berufsgeheimnisträgerinnen und Berufsgeheimnisträger nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 auf die Offenbarungspflichten und -befugnisse hin.
§ 47 Offenbarungspflicht
(1) Berufsgeheimnisträgerinnen und Berufsgeheimnisträger haben der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter ihnen bekannte personenbezogene Daten von sich aus oder auf Befragen zu offenbaren, auch soweit sie ihnen im Rahmen des beruflichen Vertrauensverhältnisses anvertraut wurden oder sonst bekannt geworden sind, soweit dies
1. auch unter Berücksichtigung der Interessen der Gefangenen an der Geheimhaltung der personenbezogenen Daten zur Abwehr a) einer Gefahr für das Leben eines Menschen, insbesondere zur Verhütung von Selbsttötungen, b) einer erheblichen Gefahr für Körper oder Gesundheit eines Menschen oder c) der Gefahr der Begehung von Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
2. zur Erfüllung der Mitteilungspflicht nach § 70 Abs. 3 Satz 1 JGG in Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende unbedingt erforderlich ist. Das Seelsorge- und Beichtgeheimnis bleibt unberührt.
(2) Staatlich anerkannte Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie staatlich anerkannte Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, die als Bedienstete im Justizvollzug tätig sind, haben der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter ihnen bekannte personenbezogene Daten von sich aus oder auf Befragen zu offenbaren, soweit dies zu vollzuglichen Zwecken erforderlich ist. Soweit sie im Rahmen von besonderen Behandlungsmaßnahmen tätig sind, gilt Absatz 1.
(3) Berufsgeheimnisträgerinnen und Berufsgeheimnisträger außerhalb des Justizvollzugs können die Verpflichtung nach Absatz 1 auch gegenüber in der Anstalt beschäftigten Berufsgeheimnisträgerinnen oder Berufsgeheimnisträgern erfüllen.
Vereinbarung zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Bistum Erfurt sowie dem Bistum Dresden-Meißen vom 06.10.1994 über die katholische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten des Freistaates Thüringen
Quellen: KABl EF 3 (1995), 4-7; Pfarramtsblatt 68 (1995), 174-178
ThürJVollzGB (Thüringen) 27. Februar 2014
§ 80 Seelsorge
Den Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einem Seelsorger in Verbindung zu treten.
§ 81 Religiöse Veranstaltungen
(1) Die Gefangenen haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.
(2) Die Zulassung zu den Gottesdiensten oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung des Seelsorgers der Religionsgemeinschaft.
(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung, bei Untersuchungsgefangenen auch zur Umsetzung einer Anordnung nach § 119 Abs. 1 StPO geboten ist; der Seelsorger soll vorher gehört werden.
§ 109 Seelsorger
(1) Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.
(2) Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen.
(3) Mit Zustimmung des Anstaltsleiters dürfen die Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelfer bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen hinzuziehen.
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Dienstordnung für die evangelischen und katholischen Anstaltsseelsorger/innen in den Justizvollzugsanstalten des Freistaates Thüringen. Verwaltungsvorschrift des Thüringer Justizministeriums vom 1. November 1994 (2412-4-1/94)
JMB1. für Thüringen S. 4.
Im Einvernehmen mit dem Bistum Erfurt, dem Bistum Dresden-Meißen, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck wird gemäß Artikel 3 Absatz 4 der Vereinbarung zwischen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, dem Bistum Erfurt sowie dem Bistum Dresden-Meißen und dem Freistaat Thüringen über die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten des Freistaats Thüringen vom 6.10.1994 für den Dienst der evangelischen und katholischen Anstaltsseelsorger in den Justizvollzugsanstalten des Freistaats Thüringen folgendes bestimmt:
1 Seelsorge in Justizvollzugsanstalten
1.1 Die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten des Freistaats Thüringen bildet einen Teil der den Kirchen obliegenden allgemeinen Seelsorge. Sie wird von hauptamtlichen und nebenamtlichen Anstaltsseelsorgern ausgeübt (im folgenden Anstaltsseelsorger genannt).
1.2 Die Anstaltsseelsorge vollzieht sich nach den Ordnungen der zuständigen evangelischen Kirchen oder der Bistümer.
1.3 Die Anstaltsseelsorger arbeiten mit den anderen im Vollzug Tätigen im Rahmen ihrer seelsorgerlichen Verpflichtungen zusammen. Sie sind verpflichtet, bei der Ausübung ihres Dienstes die sie betreffenden Bestimmungen über den Justizvollzug und über die Untersuchungshaft zu beachten. Die zu beachtenden Bestimmungen sind den Anstaltsseelsorgern zur Kenntnis zu geben.
2 Aufgaben der Anstaltsseelsorger
Zur Anstaltsseelsorge gehören im wesentlichen folgende Aufgaben, die vom Anstaltsseelsorger im Rahmen seiner Möglichkeiten wahrgenommen werden können:
2.1 Regelmäßige Gottesdienste an Sonntagen und kirchlichen Feiertagen und Gottesdiensten gemäß besonderer Absprache.
2.2 Abnahme der Beichte und Spendung, Verwaltung der Sakramente.
2.3 Vornahme sonstiger Amtshandlungen.
2.4 Seelsorgerliche Gespräche mit den Gefangenen:
a) einzeln auf deren Zellen,
b) einzeln oder in Gruppen im übrigen Anstaltsbereich.
2.5 Seelsorgerlicher Beistand für die Gefangenen und deren Angehörige in Partnerschafts-, Ehe- und Familienangelegenheiten.
2.6 Krankenseelsorge.
2.7 Kontaktaufnahme zu den Angehörigen der Gefangenen und ihren Kirchengemeinden.
2.8 Begleitung von Besuchen Dritter aus besonderem seelsorgerlichen Anlaß mit Zustimmung der Anstaltsleitung; sie können nur aus schwerwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung verweigert werden.
2.9 Religiöse Unterweisung und sonstige Hilfen zur Persönlichkeitsbildung, insbesondere durch Gruppenarbeit, Kurse und Mitwirkung bei der Freizeitgestaltung.
2.10 Mitwirkung bei der sozialen Hilfe für die Gefangenen und ihre„ Familien.
2.11 Mitwirkung bei der Anschaffung religiöser Bücher und Schriften.
2.12 Beratung bei der Anschaffung von Büchern für die Gefangenenbücherei.
2.13 Teilnahme an Konferenzen und Dienstbesprechungen.
2.14 Möglichkeit zur Mitwirkung bei der Persönlichkeitserforschung der Gefangenen und der Aufstellung und Durchführung des Vollzugsplanes.
2.15 Bereitschaft zur Seelsorge an Mitarbeitern des Strafvollzugs, unbeschadet der Zuständigkeit des Gemeindepfarrers.
2.16 Mitwirkung bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Anstaltsbediensteten.
2.17 Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit in Gesellschaft und Kirche; bei Presseverlautbarungen nur mit Zustimmung des Anstaltsleiters.
2.18 Möglichkeit zur Äußerung in Gnadensachen sowie in Verfahren nach §§ 57. 57a StGB und
2.19 Mitwirkung und Beratung bei der Resozialisierung.
3 Organisatorische Voraussetzungen für die Anstaltsseelsorge
3.1 Die Justizverwaltung schafft die zur Dienstausübung der Anstaltsseelsorge nötigen organisatorischen Voraussetzungen. Dazu gehören im Rahmen der geltenden Bestimmungen:
3.1.1 Mitteilung über alle Zu- und Abgänge der Gefangenen, der Personalien der zu- und abgehenden Gefangenen des eigenen Bekenntnisses und Einsicht in die Personalakten der Gefangenen,
3.1.2 Selbständiger Zugang zu den Gefangenen unter Aushändigung eines Anstaltsschlüssels,
3.1.3 Ermöglichung des Kontaktes zwischen Gefangenen und Anstaltsseelsorgern, von Seelsorgegesprächen in den Zellen und in Gruppenräumen sowie von Besuchen im Dienstzimmer der Anstaltsseelsorger,
3.1.4 Unverzügliche Information bei besonderen Vorkommnissen (z.B. Erkrankungen, Suizidversuchen, Todesfällen, Einlieferung in die Beruhigungs- bzw. Arrestzelle,
3.1.5 Berücksichtigung der Gottesdienste und anderer Veranstaltungen bei der Festlegung des Veranstaltungsprogramms der Anstalt sowie Gewährleistung der Teilnahme der Gefangenen,
3.1.6 Zuteilung geeigneter Räume für die Veranstaltungen der Anstaltsseelsorge; Nutzungsänderungen sind nur im Benehmen mit den Anstaltsseelsorgern zulässig,
3.1.7 Bereitstellung eines geeigneten Dienstzimmers einschließlich eines Telefons mit Außenverbindung,
3.1.8 Ungehinderte Führung telefonischer Dienstgespräche; Ausschluß der Speicherung von Telefonnummern zum Schutze des Seelsorgegeheimnisses,
3.1.9 Erledigung der Schreib- und Verwaltungsarbeit der Anstaltsseelsorger durch die Verwaltung,
3.1.10 Zuteilung von Helfern aus den Reihen der Gefangenen und
3.1.11 Bereitstellung ausreichender Mittel zur Deckung des angemessenen Sachbedarfs, die die Anstaltsseelsorger rechtzeitig zur Vorbereitung des Haushalts anmelden.
4 Rechte und Pflichten der Anstaltsseelsorger
4.1 Die Anstaltsseelsorger können auf Wunsch auch Gefangene betreuen, die nicht ihrer Konfession angehören.
4.2 Die Anstaltsseelsorger können mit ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammenarbeiten sowie mit Zustimmung des Anstaltsleiters freiwillige Helfer und mithelfende Gruppen zur Unterstützung ihrer Arbeit heranziehen.
4.3 Die Urlaubsvertretung regeln die Anstaltsseelsorger nach Abstimmung mit der zuständigen Kirchenbehörde im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Die Krankheitsvertretung regelt die zuständige Kirchenbehörde im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter.
4.4 Die hauptamtlichen und nebenamtlichen Anstaltsseelsorger setzen ihre Dienstzeit im Benehmen mit dem Anstaltsleiter fest.
4.5 Die hauptamtlichen Anstaltsseelsorger haben Anspruch auf Urlaub und Dienstbefreiung nach geltenden kirchlichen Vorschriften. Die Anstaltsseelsorger haben darüber hinaus das Recht, an Exerzitien bzw. Pfarrer-Rüstzeiten/Pastoralkollegs und anderen Veranstaltungen, die für ihren Dienst förderlich sind, entsprechend den geltenden kirchlichen Vorschriften ohne Anrechnung auf den Urlaub teilzunehmen. Urlaub und Dienstbefreiung erteilt die zuständige Kirchenbehörde im Benehmen mit dem Anstaltsleiter.
5 Auslegung und Anwendung der Dienstordnung
5.1 Bei Schwierigkeiten in der Anwendung oder Auslegung dieser Dienstordnung, die nicht zwischen Anstaltsleiter und Anstaltsseelsorger behoben werden können, werden sich der Thüringer Justizminister, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen, die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, das Bistum Erfurt und das Bistum Dresden-Meißen unverzüglich gegenseitig informieren und versuchen, Schwierigkeiten einvernehmlich zu beseitigen.
5.2 Die Änderung dieser Dienstordnung ist nur in gegenseitigem Einvernehmen zwischen dem Thüringer Justizminister, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, dem Bistum Erfurt und dem Bistum Dresden-Meißen möglich.
6 Inkrafttreten
Diese Dienstordnung tritt mit Wirkung vom 1. November 1994 in Kraft.
In Vertretung Dr. Gasser